Würzburger Stechäpfel
Die „Würzburger Stechäpfel“ (Jg. 1. 1859 ff.) und ihre Fortsetzung „Würzburger Wochenblatt und Stechäpfel“ (1865-1877) sind „ein satyrisches Originalblatt“ aus dem Verlag des Würzburger Journalisten Stephan Gätschenberger, der das Blatt zeitweise auch selbst redigierte. Die „Stechäpfel“ sind nur eines von mehreren unterhaltenden und satirischen Blättern, die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts unter entsprechenden Titeln in Würzburg erschienen.
Stephan Gätschenberger , geboren in Würzburger am 2.1.1823, stammte aus einem wohlhabenden Handelshaus und erhielt eine solide Ausbildung, die in für die Übernahme des väterlichen Unternehmens vorbereiten sollte. Das Handelshaus geriet jedoch Anfang 1848 in Konkurs, wofür Gätschenberger später die Finanz- und Steuerpolitik des bayerischen Staates verantwortlich machte; infolge der familiären und geschäftlichen Belastungen um die Abwicklung des Handelshauses war es Gätschenberger auch nicht möglich, sich an den Ereignissen der 1848er Revolution zu beteiligen. Ende 1848 begann Gätschenberger dann seine journalistische Tätigkeit, zunächst mit der „Neuen fränkischen Zeitung“, die wegen ihrer demokratischen Orientierung und Unterstützung etwa der Würzburger Studentenschaft von der Obrigkeit bekämpft wurde und 1850 eingestellt werden musste. Es folgte mit dem „Fränkischen Punsch“ ein erstes humoristisches Wochenblatt. 1852 wurde Gätschenberger erstmals für einige Wochen inhaftiert. Zur Sicherung des Lebensunterhalts betrieb er für einige Jahre eine „Spezereyhandlung“, also eine Gewürzhandlung, während er zahlreiche literarische und literarhistorische Werke publizierte, die breite Anerkennung und Unterstützung bis hinauf zum bayerischen Königshaus fanden. Ende 1859 wandte Gätschenberger sein Interesse den neu gegründeten großdeutschen Vereinen zu und stimmte so politisch mit der gemäßigt liberalen bayerischen Regierung überein; Gätschenbergers „Würzburger Journal“ war das Organ des entsprechenden Würzburger Vereins. Es folgten jeweils für wenige Jahre das „Fränkische Morgenblatt“ und die „Bayerische Volkszeitung“. Gätschenberger war in den folgenden Jahren vielfältig politisch aktiv, bis das von ihm unterstützte Ministerium Hohenlohe durch die Landtagswahlen 1869 den patriotischen und konservativen Kräften unterlag.
In diese Zeit politischer und journalistischer Aktivitäten fällt die Herausgabe der „Würzburger Stechäpfel“, die von dem stadtbekannten Mediziner Dr. Michael Schmerbach begründet worden waren, Anführer eines Auszugs Würzburger Studenten nach Wertheim. Dank des Wohlwollens des Regierungspräsidenten Zu Rhein erhielten die „Stechäpfel“ sogar staatliche Subventionen. Artikel, Gedichte, Witze und Karikaturen beschäftigten sich überwiegend mit den Zuständen in Würzburg und Unterfranken, und spießten mit spitzer Feder ziemlich unverblümt lokale und regionale Missstände und beteiligte Personen auf. Persönliche Feindschaften und journalistische Scharmützel wuchsen sich zu verschiedenen Anklagen aus, 1877 wurde Gätschenberger wieder zu einer Haftstrafe verurteilt. Nach der Entlassung gründete er mit den „Würzburger Glöckli“ eine Fortsetzung. 1878 folgte eine erneute Verurteilung, der Haftstrafe entzog sich Gätschenberger jedoch durch Umzug in die Schweiz und später nach Ungarn, wo er am 12.10.1882 in Budapest starb. Die „Würzburger Glöckli“ wurden durch C. J. Rick weitergeführt.
Literatur: Brigitte Kleinlauth: Stephan Gätschenberger. In: Fränkische Lebensbilder 15 (1993) S.219-239